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Die sehr gründliche Vorbereitung

Es war unser 60ster Geburtstag und die Familie schenkte uns eine gerahmte Ostseekarte, die seit dem Tag in unserem Flur an der Wand hing. Nun konnten wir nicht mehr anders, und wir wurden ständig an unser Vorhaben erinnert. Außerdem bekamen wir eine Ostseekasse und eine Menge Ersatzteile für die Räder, die wir alle brauchen sollten.

Wir hatten unsere neuen Räder bereits eingefahren. Sie hatten sich schon auf dem Weg nach Kopenhagen bewährt. Auch eine Menge anderer Touren waren in unserem umfangreichen Repertoire, um uns fit zu halten.
Bewegung ist alles, war unsere Devise.

Zu unseren Standardtouren gehörten die Rheinsbergfahrten, auf denen wir mit Hingabe Seen sammelten. Die Runde ging bis nach Canow und über Flecken Zechlin zurück, wobei wir an 16 Seen vorbeikamen, u.a. am glasklaren Giesenschlagsee, in dem wir baden mussten. Schon vor vielen Jahren, als wir in der Region zelteten, war das unser Lieblingssee.

Auch die Tour zum Kalksee über Boltenmühle haben wir sehr gerne gemacht. Ließ es sich doch dort auf der Pferdeinsel so schön träumen. Eine andere Lieblingsrunde war die Umrundung von den drei Lindower Seen, die wir sogar einmal in Familie schafften. Fred war besonders begeistert von der Werbellinseerunde. Am ehemaligen Pionierferienlager war da unser Halt, und er schwärmte von der schönen Ferienzeit, die er dort verleben durfte.

Ein weiteres Ziel für uns war oft der Roofensee und Stechlinsee mit Einkehr beim Fischer. Das ist auch ein besonders schönes Gebiet und mit der Familie haben wir im Herbst dort oft abgebadet und Pilze gesammelt.

Sehr abenteuerlich war auch der Radweg um den Neuruppiner See . An dem Weg wurde noch gebaut und auf einer Strecke musste man aufpassen, dass man nicht beim Fahren in den See rutschte. Der Blick über den See erfüllte uns mit Ehrfurcht, die Klinik, in der Fred operiert wurde, grüßte von weiten mit ihren Turmspitzen. Wir waren dankbar, dass wir unser Leben wieder so genießen konnten.

Viele Radtouren machten wir auch direkt von unserer Haustür aus. Gerne radelten wir nach Berlin, möglichst durch die vielen Grünanlagen , am Landwehrkanal, an der Spree und am Hohen Zollern entlang. Der Pariser Platz war oft unser Ziel. Den Park am Brandenburger Tor und das Regierungsviertel fanden wir auch interessant. Bei uns an der Havel entlang und bis nach Potsdam machte uns auch Spaß. Den Rückweg nahmen wir durch den Grunewald und erholten uns am Wannsee. Dort ist es landschaftlich auch sehr schön. Wir wohnten so ideal, egal welche Richtung wir einschlugen, es wurde immer eine großartige Tour und ein besonderer Erlebnis.

Sehr oft hatte es uns der Tegler See, das Tegler Fließ, oder nur unser Haussee, der Niederneuendorfer, oder unser Wald, der Kremer, mit dem kleinen Waldsee, angetan.

Es gab unglaublich viele Möglichkeiten für uns Hennigsdorfer nach dem Mauerfall. Die ehemaligen Grenzwege waren erschlossen und wir konnten fahren ohne Ende, in die Spandauer Richtung, oder nach Frohnau usw., usw.

Alle Wege waren unsere Lieblingsstrecken, denn es machte uns Spaß unterwegs zu sein, etwas zu erleben und die Natur zu genießen. Hatten wir Lust auf einen Ausflug, so wechselten wir uns beim Bestimmen des Zieles ab. Meistens war es Fred egal, wohin es ging, was mich natürlich freute, denn ich hatte oft neue Ideen.

Wir versuchten auch, Auslandserfahrung zu machen. Wenn Fred Urlaub hatte, ging es weiter weg. Mit dem Auto und den Fahrrädern hinten auf der Kupplung fuhren wir nach Polen rein, um den Ostseeradweg zu erkunden. Von Rewal aus machten wir Radtouren in beide Richtungen. Bis nach Kolberg kannten wir uns schon recht gut aus. Wir hatten in Polen keine Hemmungen mehr, alle Wege erwiesen sich als gut befahrbar und die Ausschilderung war auch in Ordnung. An Unterkünften mangelte es auch nicht und die Menschen, mit denen wir in Kontakt kamen, waren sehr freundlich.

Nach Riga hatten wir eine Busreise gemacht, und vor Lettland war uns auch nicht bange. In Jurmalla hatten wir unsere Freude, als wir die Radfahrer auf dem Strand entlangrasen sahen. Das Radwegenetz war zwar noch bei Null, aber mit kleinen Straßen waren wir ja auch zufrieden. Mit dem Schiff kreuzten wir die Ostsee und schauten uns Helsinki an. Es war verblüffend, wie viele Radfahrer dort unterwegs waren. Auf Finnland freuten wir uns schon riesig.

Eine Woche hielten wir uns in Petersburg auf. Wir konnten leider so gut wie keinen Radfahrer, geschweige so etwas wie einen Radweg, entdecken. Die Dolmetscherin wich meinen Fragen aus und erklärte, dass es für Radweg noch nicht einmal eine Vokabel gäbe. Ein bisschen mulmig war uns schon, wenn wir uns vorstellten, mit Rädern auf diesen Straßen zu sein. Aber am breiten Newaufer Rad zu fahren, darauf freuten wir uns schon.

Viele von unseren Bekannten und Verwandten unkten herum, wir würden nach Russland mit den Rädern hereinfahren, aber nie wieder heraus. Aus heutiger Sicht muss ich darüber lachen. Wir handelten nach dem Motto, Glück muss der Mensch haben, und das war auch gut so!

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