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Was war los mit Fred

Endlich kam das Jahr 2010 und die Abfahrt war geplant. Aber was war los mit Fred? Irgendwie fühlte er sich nicht wohl in seiner Haut.

Hatte er Sehnsucht nach seiner alten Arbeit? Die interessante Aufgabe hatte er hinter sich gelassen. Der Fernradweg nach Kopenhagen war fertig, und seine anderen Arbeiten waren aufgeteilt worden. Die Wirtschaftsförderung hatte ihn sozusagen in den Ruhestand versetzt. Er hatte sich doch darauf gefreut, Zeit zu haben, und der Vertrag war zu aller Zufriedenheit von beiden Seiten unterschrieben, dachte ich. Und was dachte er, es ist vorbei, der letzte Lebensabschnitt, bin ich alt, das Ende, was hatte begonnen, wie ist das mit Ruhe. Aber diese Ruhe wurde für Fred extrem. Er wurde unleidlich, geradezu lustlos, wollte nicht sprechen und nach Möglichkeit auch keinen sehen.

Mir fehlte ehrlich gesagt auch ein bisschen seine Arbeit, denn es hatte mir Spaß gemacht, ihn auf Ausstellungen zu begleiten. Man lernte neue Leute kennen, führte viele nette Gespräche und konnte Anregungen sammeln.

Er litt jetzt sicher darunter, nicht mehr gefragt zu sein, keine Verhandlungen, keine Verantwortung und keine Kollegen mehr zu haben. Wehe, es nannte ihn jemand Rentner, dann wurde er wütend und erklärte immer wieder, dass er noch zur arbeitenden Bevölkerung zählt.

Ich wunderte mich über ihn und versuchte, ihn zu neuem Leben zu erwecken. Ich bat ihn, wieder Fußball in der alten Männermannschaft zu spielen, aber das lehnte er ab. Früher hatte er das so gern gemacht. Vor rund 40 Jahren lehnte ich Fußball ab, denn ich wollte Familienleben und jetzt wäre ich glücklich, wenn er spielen würde.

Ich kam auf die Idee, ein Arbeitszimmer für ihn einzurichten. Das Esszimmer wurde rausgeschmissen, es wurde sonnengelb tapeziert, neue Auslegeware, helle Möbel und nur für ihn ein Schreibtisch gekauft, damit er sich freuen sollte. Zunächst sah es auch ganz so aus. Er saß jeden Tag an seinem neuen Arbeitsplatz und arbeitete unsere Fahrroute aus und dabei ließ er sich nicht stören.

Ich bettelte ihn oft, er möchte doch wenigstens einmal am Tag rausgehen. Robbi und ich würden sich über Begleitung sehr freuen. Er tat dies jedoch nicht ein einziges Mal, zumal der Hund schon alt, krank und traurig war.

Von Hausarbeit hielt Fred überhaupt nichts und er merkte noch nicht einmal beim langen Fernsehgucken, dass ich noch arbeitete. Ich machte mir so meine Gedanken. Würde ein liebender Mann nicht seiner Frau helfen, fragte ich mich oft.

Ich war schon froh, dass es mir gelang, ihn mit an den Herd zu bekommen. Ich könnte ja schließlich auch mal richtig krank werden und wer kocht dann, war mein Argument. Er ließ sich schließlich darauf ein und gab sein Bestes.
Nach gemeinsamer Vorbereitung klappte das Kochen schon sehr gut. Es schmeckte ihm besonders und er nahm leider wieder zu. Bremsen war angesagt. Sein Fahrrad würde zu schwer werden, was sich durch Speichenbrüche rächen könnte.

Mein Fredi wurde immer missmutiger. Schon beim Frühstück versteckte er sich hinter bunten Reklameblättchen, als wenn die Angebote der Woche von größter Wichtigkeit wären. Beim Einkauf interessierten ihn diese einen Feuchten, wie man so schön sagt.

Ich wurde aus ihm nicht mehr schlau. Seine Veränderungen machten mich traurig. Ich war froh, das wir im Punkte Reiseroute wieder ein Thema hatten. Da war er dann ganz der Alte und wir wieder ein Herz und eine Seele.

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